Selbst wenn jedes Wochenende Demonstrationen gegen “Rechtsradikalismus” stattfinden, man kann nicht wegdemonstrieren, was Teil bundesrepublikanischer Normalität war und ist. Die Demonstrationen werden sich schnell erledigen, wenn das Geschäftsmodell “Kampf gegen Rechts” oder “Flüchtlingshilfe” keine Finanzierung aus Steuergeldern mehr erhält.
Leid tun können einem alle ehrlich gegen rechte Umtriebe und für “unsere” Demokratie mitgehenden Demonstranten. Denn sie werden benutzt.

Dieses Foto hatte ich im Sommer 1990 bei der Grablegung von Friedrich II. in Potsdam aufgenommen. Wenn hier nur eine Fahne vor dem Neuen Palais zu sehen ist, so waren eigentlich verbotene Fahnen reichlich im Zug der Sympathisanten und Demonstranten zu sehen.

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland waren rechte und rechtsradikale Parteien, Verbände, Organisationen, Vereine sowie öffentliche oder private Diskussionsrunden normaler Bestandteil der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Private Gesprächsrunden von Personen mit ausgeprägt rechtem Gedankengut gab es auch in der DDR. Aber alles andere nicht. Wie z.B. am Zeitungskiosk oder im Abonnement keine rechten bzw. rechtsradikalen Zeitungen, Zeitschriften, Landserhefte u.a…

Beide deutsche Staaten unterschieden sich auch in der Bewertung des Endes des 2. Weltkrieges und der Kapitulation der deutschen Truppen am 8. Mai 1945.
Für die DDR und ihre Bevölkerung war es offiziell der “Tag der Befreiung”, für die BRD und ihre Bevölkerung ein “Tag der Niederlage” oder der Schmach. In der BRD war es besser, eine rechte bzw. rechtsradikale Vergangenheit zu haben als eine linke. Den Ersteren öffneten sich damit die Türen zu gehobenen Karrieren, den anderen blieben sie verschlossen. Und wer sich nicht eindeutig von seiner linken Gesinnung verabschieden wollte, konnte sogar mit Berufsverbot belegt werden oder im Gefängnis landen.

Und jetzt soll es in Gesamtdeutschland von einem Tag auf den anderen anders werden?
Wer das glaubt, sollte lieber Gottfried August Bürgers “Münchhausen” lesen. Denn das ist nicht möglich.
Zu stark ist die bundesrepublikanische Gesellschaft mit dem rechten bzw. rechtsextremen Gedankengut infiziert. Zu stark die Wirkungen des deutschen Traumas  von der “verratenen Nation” am Beginn und Ende des 1. Weltkrieges sowie des von fremden Mächten in den Krieg getriebenen Volkes im 2. Weltkrieg.
Die Weimarer Republik hatte versucht, mit einer Forschungsstelle die in Verbindung mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges stehenden Fragen zu beantworten. Das Reichsarchiv in Potsdam auf dem Brauhausberg war ein Ergebnis dieser Bemühung!

Der Weimarer Republik waren nur 14 Jahre vergönnt, die Wahrheit zu erforschen. Die Bundesrepublik Deutschland hatte bislang 75 Jahre Zeit. Aber eigentlich nichts bewirkt, was den Umgang mit dem Dritten Reich und mit dem von ihm ausgegangenen Krieg betrifft.
Man hat eher das Gefühl, dass sie gar nicht daran interessiert ist, dass die Deutschen selbstbewusster mit ihrer Geschichte umgehen, sich von ihren historischen Traumata befreien und wieder ein akzeptierter und wegen seiner aktuellen (!) Leistungen geachteter Teil der internationalen Staatengemeinschaft werden.
Zudem benutzt die Politik, wenn es ihr passt, immer wieder die “Faschismuskeule”, um auf die renitenten Ostdeutschen einzuschlagen.

Dabei kommen gerade sie aus einem Teil Deutschlands, in dem eine erfolgreiche Geschichtsaufarbeitung betrieben wurde.
“Antifaschismus” war in der DDR Staatsdoktrin. Das durchzog alle Bereiche der Gesellschaft, bis hin zur Außenpolitik. Filme, Bücher, Musik … hatten eine gegen Rechtsradikalismus und Faschismus zielende Ausrichtung. Die Kulturpolitiker der DDR übersahen dabei jedoch, vor allem was die Filme betraf, dass sie mit ihnen nicht nur potentielle Antifaschisten heranzogen, sondern indirekt auch Fans des Dritten Reiches.
Die den Widerstand heroisierenden oder die “Kundschafter”-Romantik fördernden Filme mussten historisch getreu auch die andere Seite darstellen. SS-Uniformen mit Totenköpfen, Gestapo- und Wehrmachtsuniformen waren zu sehen, Hakenkreuze, die NSDAP-Fahne, SA-Leute, Hitlerjungen, BDM-Mädchen und vieles mehr, was öffentlich nicht gezeigt werden durfte und worüber man auch nicht sprach. Die einstigen Hitlerjungen und BDM-Mädchen schwiegen (nunmehrige Eltern), die Großeltern schwiegen – und die heranwachsenden vor dem Fernsehgerät oder der Kinoleinwand sitzenden Kinder bzw. Enkelkinder mussten allein damit klarkommen, wie sie die für sie ungewohnten Eindrücke verarbeiteten.

Ich war schon immer wissbegierig. Was ich zu lesen bekam, las ich. Was ich an Filmen sehen konnte, sah ich. Was ich an Musik hören könnte, hörte ich. In der Bibliothek las ich jedes Sachbuch, das sich mit dem Dritten Reich befasste. Akribisch hielt ich in einem Heft alles fest, was mir meine Fragen beantwortete: Wie sah die Uniform eines SA-Sturmbannführers aus? Was war das Hakenkreuz? Mein Heft füllte sich immer weiter. Ein richtiges Kompendium wurde daraus, auf dessen Inhalt ich stolz war. Von meinen Freunden oder Schulkameraden besaß keiner so etwas. Aber ich erzählte ihnen lieber nichts davon. Bewahrte es dort auf, wo es weder meine Geschwister noch meine Eltern finden konnten. Bis mir eines Tages mein Vater es zeigte. Mit Erschrecken und Angst in seinen Augen sowie mir das Gefühl vermittelnd, ich hätte so etwas ähnliches wie Hochverrat begangen.
Schneller als ich denken konnte, verschwand mein erster Versuch forschender Kreativität im Feuerloch des Waschkessels, zerfiel zu Asche und löste sich in Rauch auf.
Ich war damals 13 Jahre alt,  kein Anhänger des Nationalsozialismus und bin es bis heute (über 60 Jahre später) nicht.
Zuviel weiß ich inzwischen darüber.
Als es im Buchhandel lag, kaufte ich mir das “Braunbuch der Kriegs- und Naziverbrecher“. Bei uns im Ort war ich möglicherweise einer der wenigen, der es besaß. Das zu lesen, konnte mir mein Vater nicht verbieten. Schließlich kam es von einem Verlag des Staates.

Damals hatte ich Fragen, und suchte nach Antworten. Deshalb kann ich jeden Jungen und jedes Mädchen verstehen, wenn sie heute unter besseren Umständen einen ähnlichen Weg  beschreiten. Aber ohne mit der damals von meinen Eltern gefühlten Bedrohung durch die Staatssicherheit und vor deren Interpretation der Gründe meines Handelns.
Obwohl heute gefühlt manches ähnlich zu sein scheint.

Worin sich die männlichen Jugendlichen und späteren Soldaten in Ost und West nicht unterschieden:
unsere Lieder, die wir in der vormilitärischen Ausbildung (DDR) oder bei der Armee sangen, stammten oft aus dem gleichen (vor 1945ger) Liedgutschatz.
Was wir nicht ahnten, worauf unsere Eltern uns auch nicht aufmerksam machten:
in der Pionierorganisation, bei der FDJ und in den verschiedensten Massenorganisationen waren wir traditionsmäßig oft näher am Dritten Reich dran als an der Demokratie oder der Diktatur des Proletariats.

Ich könnte die vergleichende Betrachtung weiter fortsetzen. Aber das ändert nichts an der Schlussfolgerung:

Wenn sich Deutschland endgültig von seiner faschistischen Vergangenheit und  von rechtsradikalen Umtrieben trennen will, muss es reinen Tisch machen!

Wir müssen aufarbeiten, was uns im Weg steht und definieren, was und wie wir sein wollen!

Wir brauchen endlich eine Verfassung, hervorgegangen aus einer breiten Mitarbeit der Bevölkerung und durch eine Volksabstimmung von ihr in Kraft gesetzt.

 

 

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